Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ab 2025 verpflichtend

von V-TIME.de - Redaktion

Umsetzung von Barrierefreiheit

2021 wurde das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) erlassen, dessen Anforderungen im Juni 2025 in Kraft treten. Die digitale Barrierefreiheit soll als Maßnahme dabei helfen, die gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung aller zu stärken. Vom Gesetz sind Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 2 Millionen Euro betroffen. Das BFSG dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen. So soll auch das eCommerce-Umfeld für alle gleichwertig nutzbar sein. Die folgenden vier Prinzipien der Barrierefreiheit stellen die Grundlage der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die seit Oktober 2023 in Fassung 2.2 als Standard für barrierefreie Websites und Onlineshops gelten.

Verständlich

Lesbarkeit

Einfache Sprache

Vorhersehbarkeit der Benutzeroberfläche

Bedienbar

Tastaturbedienbarkeit

Ausreichend Zeit

Auf Blinken und Blitzen verzichten

Orientierung unterstützen

Wahrnehmbar

Alternativtexte

Veränderbare zeitgesteuerte Medien

Anpassbarkeit (z.B. Textgrößen)

Ausreichend Kontraste

Robust

Kompatibilität

Assistive Technologien (z.B. Screenreader)

Was sind die Barrieren im eCommerce und wie können sie behoben werden?

Barrieren Lösungen
Tastaturbedienbarkeit nicht gegeben Alle Funktionalitäten mit Tab-Taste erreichbar, mit Leer/Enter bedienbar
Schwer lesbarer Text Regularien der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) einhalten in Bezug auf Größe, Zoombarkeit, Textabstand und -umbrüche
Mangelnde Kontraste zwischen Text und Hintergrund Schrift zu Hintergrund mindestens 4,5:1, ab Schriftgröße von 24 Punkt reicht 3:1
Produktbilder enthalten keine aussagekräftigen Alternativtexte (Alt-Tags) Kurze, aussagekräftige Bildbeschreibungen (keine Wiederholungen)
Audio- und Videoinhalte haben mangelnde Subtexte Bei Audios und Videos unbedingt angeben wer spricht und welche Informationen außer dem Gesprochenen relevant sind
Formularfehler nur farblich erkennbar, keine Korrekturhilfe Formularfeedback z. B. durch farbliche Rahmen um Felder, die dicker sind als sonst; aussagekräftige Fehler- und Korrekturhinweise; eindeutige Labels
Animationen z. B. laufen automatisch, sind nicht steuerbar Pausieren, Ausblenden, Beenden von veränderbaren Medien ermöglichen
Pop-ups tauchen auf und sind nicht direkt fokussiert Fokus auf ‚schließen‘ oder ‚akzeptieren‘ setzen
Mangelnde Struktur und Orientierung Zweck, Status und Name von interaktiven Schaltflächen wie Buttons und Menü müssen stets klar verständlich sein
Unverständlichkeit Leichte Sprache verwenden

Methoden und Prozesse für die Umsetzung von Barrierefreiheit

Testing

Durch das Testen kann ein besseres Verständnis für das Nutzerverhalten von Menschen mit Behinderung geschaffen werden. Accessibility Tools und Softwares helfen ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Hürden beseitigt werden möchten. Einen allgemeinen Überblick bietet ein Accessibility-Checker, wobei bereits browsereigene Tools (bspw. von Firefox) empfehlenswert sind. Um jedoch alle relevanten Barriere zu testen und spezifische Kriterien abzudecken, sollten mehrere Tools verwenden werden, wie etwa ein Kontrast-Checker (z.B. WebAim Contrast Checker) oder Struktur-Checker für den Webseitenaufbau (z.B. HeadingsMap).

Zusätzlich können assitive Technologien wie beispielsweise Vorleseprorgamme und Sprachsteuerungen das Nutzerverhalten simulieren und Hürden aufdecken.

Darüber ist das händische Testen von Onlineshops und Webseiten anhand eines Leitfadens hilfreich. So lässt sich beispielsweise die Aussagekraft von Seitentiteln, Überschriften und Formularen testen. Ebenso kann geprüft werden, ob alle interaktiven Elemente per Tastatur bedienbar und erreichbar sind.

Wichtig ist, die Testing-Tools in den Entwicklungs- und Konzeptalltag zu integrieren, um lokale und live Domains zu testen.

Konzept und Entwicklung

Der erste Schritt für die Konzeption und Umsetzung barrierefreier Shops und Webseiten sollte die Schulung der eigenen Mitarbeitenden sein, vor allem aus den Bereichen UX, Content und Design, um ein gemeinsames Verständnis von Barrierefreiheit zu schaffen. Denn nicht nur die erste technische Umsetzung sollte barrierefrei sein, sondern auch die weiterführende Pflege. Bei den Schulungen sollte über die Struktur und Gestaltung barrierefreier Shops und Webseiten gesprochen werden. Zudem sind rechtliche Grundlagen zu vermitteln, die beispielsweise Kontraste und Schriftgrößen betreffen. Generell ist eine Sensibilisierung hinsichtlich der Erstellung von Alternativtexten, Labels und Namen sinnvoll.

Zusätzlich ist das Einbinden von Tools begleitend zum Entwicklungsprozess von Vorteil, welche eine Verbindung zwischen Monitoring und Testing herstellen. Anhand von vorher festgelegte Kriterien können so beispielsweise lokale und live Domains automatisch getestet werden (z.B. Open-Source-Tool Pa11y). Die Nutzung solcher Tools schafft darüber hinaus einen Überblick, welche Guidelines bereits umgesetzt sind und welche noch umgesetzt werden müssen.

Methoden und Prozesse

Eine hilfreiche Methode zur Umsetzung der Barrierefreiheit ist der 4-Stufen-Plan:

  1. Initialer Audit: Im ersten Schritt kann mithilfe eines Audits herausgearbeitet und geprüft werden, wie der aktuelle Stand ist. Die Webseite bzw. der Shop werden einmal durchgetestet, um zu sehen, wo Probleme und Schwachstellen bestehen, die der Barrierefreiheit im Weg stehen.
  2. Schulungen: Mithilfe von Schulungen wird ein gemeinsames Verständnis in den Bereichen UX, Content und Design geschaffen, um eine einheitliche Konzeption und Umsetzungen zu erreichen.
  3. Workflowoptimierung: Die Organisation der Arbeitsabläufe sollte optimiert werden, damit die Vorgehensweisen und Verantwortlichkeiten zu jedem Zeitpunkt klar sind. So kann das Implementieren von Entwicklungstools und die übergeordnete Umsetzung der Barrierefreiheit erfolgreich sein.
  4. Umsetzung: Die Umsetzung kann sowohl im Alltag durch das Durchgehen der einzelnen Features integriert werden, als auch in Form eines gesammelten Relaunch.

 

Neben dem Hauptmotiv ein barrierefreies Online-Erlebnis für alle zu schaffen, indem die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, bieten die Kriterien zusätzliche Vorteile für das Ranking in Suchmaschinen.

Sind Sie unsicher, ob Ihr eigener Online-Auftritt den Kriterien der Barrierefreiheit entspricht? Gerne prüfen wir das für Sie und führen bei Bedarf entsprechenden Anpassungen durch. Kontaktieren Sie uns gerne.

Weitere Informationen finden Sie zudem auf der Webseite der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit.

Bitte beachten Sie: Dieser Text ersetzt keine Rechtsberatung. Für alle juristischen Fragen sollten Sie einen im jeweiligen Fachgebiet ausgewiesenen Rechtsbeistand hinzuziehen.

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